Herbert Fill, 2009

Reisebericht

Herbert Fill, 2009Bericht über die persönlichen Beobachtungen anlässlich der Einweihung und Übergabe von Häusern der Organisation „Dach überm Kopf“ in der Umgebung von Kottapuram in Kerala, Indien, am 9. und 22. August 2009 und über den Besuch des Waisenheims in der gleichen Gegend am 8. August 2009.

Wir, das Ehepaar Fill aus Bregenz sind am 3. August mit Pfarrer Thaniyath, weiter als Georg benannt, in dessen Heimat gereist. Georg ist uns aus seiner Studienzeit bekannt und vertraut.

Die Ziele der Reise

10-tägige Ayurvedakur, Kennenlernen der Familie Thaniyath und von Georgs Heimat.

Georg war der Organisator und Leiter der Reise. In seinem Programm waren neben den speziellen Tagen der Vorstellung seiner Heimat für uns eine Reihe von Häusereinweihungen und Häuserübergaben, Überprüfungen von Abrechnungen, Gespräche mit Hilfesuchenden (Bittstellern), Gestaltung und Teilnahme an familiären Feiern (Taufen, Priestersonntag, Geburtstagsfeier) vorgemerkt – ein übervolles Programm für den Urlaub!

Dach überm Kopf

Die ganze Familie Thaniyath arbeitet in dieser Aktion mit. Der Hauptakteur am Aktionsort ist Georgs Bruder Franzis, ebenfalls kath. Priester und aktiver Pfarrer. Franzis hatte die Hauseinweihungen und Hausübergaben vorbereitet. Am 9. und am 22. August konnten wir an ca 20 Hauseinweihungen und -übergaben teilnehmen.

Vorgang

Mit dem Auto (Taxidienst eines Bruders von Georg) wurden die Häuser angefahren, einige Male musste das Auto am Straßenrand abgestellt und ein einige 100 m langer Fußweg bis zum Haus zurückgelegt werden. An Ort und Stelle standen jeweils neue, aber noch nicht eingerichtete Kleinhäuser, fast in einem Einheitsstil gebaut, aber mit wechselnder Farbe im Außenanstrich. In Erwartung der beiden Akteure – Georg und Franzis – stand immer die Besitzerfamilie, festlich gekleidet, bereit. Überwiegend waren auch Nachbarn anwesend. Öfters wurden nicht nur die beiden Priester, sondern auch wir als Boten der Geldgeber in Vorarlberg mit Blumenkränzen geschmückt. Die Feier leiteten Georg und Franzis abwechselnd. Sie wurde vor einem kleinen Hausaltar in einem der 3 Wohnräume vollzogen. Begonnen wurde mit einem Lied, es folgten Weihegebete und die Segnung des Hauses mit Weihwasser. Nach dem Schlusssegen folgten meistens eine kleine Bewirtung seitens der Besitzer, gute Worte hin und retour, die Abgabe von Bittbriefen seitens Nachbarn von den Beschenkten an Georg. Und weiter ging’s zum nächsten Haus.

Die Beschenkten

Es ist gerechtfertigt, diese separat zu erwähnen und zu beschreiben. In allen Fällen standen uns Familien (meistens Großeltern, Eltern und Kinder) gegenüber. Ausnahmslos war deutlich zu erkennen, dass wirklich ganz arme Menschen in die Gunst der finanziellen Unterstützung gekommen waren (abgearbeitete, körperlich schwache bis gebrechliche Personen). Dass die Freude der Beschenkten in deren Augen zu sehen war, ist sicher keine Berichtsüberraschung.

Die vormaligen Wohnverhältnisse

Nach jeder Einweihung verwies Georg auch auf die ehemalige Wohnstatt der Beschenkten. Die Menschen hatten vordem eine Einraum-Hütte. Es handelte sich dabei um eine Rundhütte auf gestampftem Erdboden, darüber mit Stangen geformter Rundbau, abgedeckt mit Palmenblättern, Plastikhäuten und Blech. Innen eine Gemeinschaftsliegestatt und verschieden gestaltete Sitzplätze, sowie eine Koch- und Vorratsstelle. Das Geschirr ist meistens vor der Hütte abgestellt, öfters war sogar die Feuerstelle vor der Hütte platziert.

In Summe

Ungnügende bis unwürdige Wohnverhältnisse auch unter Berücksichtigung der Gunst des Klimas (keine Heizung nötig, Körperwäsche u. U. durch den Regen).

Bittsteller

Vor den gerade eingeweihten Häusern standen immer mehrere Personen – Männer, aber auch Frauen – mit einem Kuvert in der Hand. Dieses Kuvert gaben diese Personen mit kürzeren und längeren Zusatzbemerkungen in Georgs Hände. Georg klärte uns auf: es seien Bittsteller, die auch eine Hilfe für den Bau eines Hauses erbitten und diese Bitte mit Schilderung der gegebenen Verhältnisse untermauern. Es gab viele solche Bittsteller.

Waisenhaus für Mädchen

Am 8. August besuchte Georg ein Waisenkinderheim, das durch Spender finanzielle Unterstützung bekommt. Wir konnten an diesem Besuch teilnehmen. Ca. 60 Mädchen und ihre Betreuerinnen (Ordensfrauen) bereiteten dem „edlen Spender“ einen großen Empfang bestehend aus dem Antritt aller Mädchen und der Betreuerinnen in festlicher Kleidung vor dem Heim, Begrüßungslied, herzliches Händeschütteln und Bekränzung der Gäste. Es folgten eine Gemeinschaftsmesse, das Mittagessen und Tanzvorführungen der Kinder.

Gesamteindruck

Hier geschieht etwas sehr Gutes – vergleichbares mit den Kinderdörfern des Hermann Gmeiner. Man schaut in die großen Augen der Kinder, denkt an ihr Schicksal, an die wahrscheinlichen Lebensverhältnisse ohne dieses Waisenhaus und kann dann nur sagen: "Hier ist jeder Euro gut angelegt und jede Unterstützung des Heimes gerechtfertigt."

Zusammenfassung

Durch die ehrenamtliche Tätigkeit der ganzen Familie Thaniyath in der Organisation „Dach überm Kopf“ ist die maximale Umsetzung eines jeden Spenden-Euros möglich. Der Preis für die Erstellung eines Aktionshauses ist sensationell: nur 50% des Preises vergleichbarer Spendenhäuser. Es gibt keinen Verwaltungsaufwand, jeder Euro steckt wirklich in einem der Spendenhäuser.

Durch die vereinsmäßige Kontrolle der Verwendung der Spendengelder einerseits und durch das persönliche Engagement der Thaniyath Brüder Georg und Franzis ist sichergestellt, dass jeder Spenden-Euro widmungsgemäß verwendet wird. Es gibt keine „Geldversickerung“ in Nebenkanäle.

Auch die Waisenhausförderung ist in finanzieller Hinsicht vereinsmäßig kontrolliert, denn jeder Spenden-Euro wird für eine sehr wertvolle Einrichtung gegeben.

Uns drängte sich bei allen Begegnungen mit geförderten Menschen der Gedanke auf, dass wir in Vorarlberg in einem Paradies leben und sind zum Teilen mit den Armen dieser Welt aufgerufen.