Silvia Mathis, 2006

Reisebericht

Silvia Mathis, 2006Wer macht sich in unseren Breitengraden schon Gedanken darüber, woher unser Wasser kommt? Wer vermag das Glück, ein Dach über dem Kopf zu haben noch zu schätzen? Wer kann sich vorstellen, aus finanziellen Gründen die eigenen Kinder weg-geben zu müssen?

Mit diesen drei Fragen habe ich mich bisher nie beschäftigt. Warum auch? In unseren Gegenden sind diese Probleme nur in Ausnahmesituationen relevant, und hierfür gibt es zumeist Organisationen, die sich den Betroffenen anzu-nehmen versuchen.

Aber wie schaut es in einem Land wie Indien aus? Ein Land, das in Teilbereichen sogar mit den Industrienationen mitzuhalten vermag, Nobelpreisträger hervorbringt, in anderen Bereichen jedoch immer noch Dritte-Welt-Status hat.

Dies alles wurde uns auf unserer gemeinsamen Reise mit dem Hohenemser Pfarrer Georg Thaniyath auf eine sehr eindrückliche Art und Weise nahe gebracht. Selbst residierten wir in Hotels westlichen Standards. Nur ein paar Ki-lometer von uns entfernt lebten jedoch Menschen in Unterkünften, die diesen Namen in keinster Weise verdienen.

Die Wohnverhältnisse, die in den von uns besuchten Dörfern teilweise herrschen, können mit Worten nicht beschrieben werden, und auch Fotos geben die Situationen nicht in der erlebten Art und Weise wider. Dies vermag wirklich nur ein Vor-Ort-Besuch.

Was es für die Menschen bedeuten mag, ein kleines Häuschen mit zwei bis drei Zimmern zu besitzen in dem ganze Großfamilien wohnen, kann sich unsereins wahrscheinlich gar nicht vorstellen. Wenn man die Freudentränen der neuen Hausbesitzer allerdings sieht, wird einiges greif- und fassbarer. Der eine oder andere von unserer Reisegruppe hat dann selbst einige Tränen vergossen.

Am Abend im Hotel angekommen – erst einmal unter die Dusche. Dass sich andernorts die Menschen in langen Schlangen um Trinkwasser anstellen und dieses kilometerweit auf dem Kopf nach Hause transportieren müssen, wird einem erst wesentlich später bewusst. Hauptsache es kommt genügend Wasser aus dem Wasserhahn, selbstverständlich heiß und kalt! Auch dass das Wasser für diese Menschen nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht, kann sich unsereins nur schwer vorstellen, verbraucht ein Mitteleuropäer doch täglich ca. 150 Liter Wasser. Reiner Eigenbedarf für Kochen, Hygiene und Reinigung.

Was muss es doch für ein Segen für so manchen Inder sein, einen Wassertank mit 5.000 Liter Inhalt sein Eigen nennen zu dürfen. 5.000 Liter, die für mehrere Monate reichen müssen um Familie und zum Teil auch Nachbarn über Wasser zu halten.

Leuchtende Kinderaugen – Weihnachten - Geschenke? Nein, weit gefehlt! Diese stammen von ca. 70 Waisenkindern im Alter von drei bis 13 Jahren. Ihre Blicke werden dich ein Leben lang nicht mehr vergessen lassen, dass Menschen trotz bitterer Armut ihre Lebensfreude nicht verlieren. Vor allem bei den größeren Kindern hatte ich das Gefühl, dass es nicht nur Blicke der Freude sondern auch der Aufforderung waren, ihrem Leid ein wenig entgegenzutreten. Mittels Geldspenden zum Beispiel, kann man das von uns besuchte Waisenheim vor dem sofortigen Zusperren bewahren, was wiederum für die meisten Kinder eine ganz persönliche Katastrophe darstellen würde.

Was bleibt nun abschließend von dieser „Kulturreise“? Außer den gewonnenen Eindrücken, deren es zuhauf gab, erfolgt doch in gewissem Sinne eine Rückbesinnung auf das Wesentliche, wenn auch meistens nur für eine kurze Zeit.

Denken wir daran, was für uns oft selbstverständlich, kann andernorts purer Luxus bedeuten! Helfen wir mit unserem Engagement die Not, die auf der Erde ist, ein wenig zu lindern.