Geschichte

Gründer Pfr. Mag. Varghese "Georg" Thaniyath

Mein Name ist Varghese Thaniyath. Ich bin gebürtiger Inder aus Kerala und Priester der Pfarre St. Konrad in Hohenems in Österreich. Meine erste Zeit als Seelsorger, nachdem ich meine Studienzeit in Österreich abgeschlossen hatte, verbrachte ich in Indien und erlebte hautnah die bittere Armut in meiner eigenen Heimat. Nach einem anstrengenden Sonntagvormittag wollte ich eine kurze Mittagsruhe einlegen. Das Schreien eines Säuglings lenkte mich allerdings von meinem Schläfchen ab. Als ich die Tür meiner Wohnung aufmachte, stand eine arme Frau vor mir. Über die pockennarbigen Wangen der armen Frau rannen Tränen. In den Falten ihres zerrissenen Saris hielt sie einen weinenden Säugling. Sie sah aus, als hätte sie Tage lang nichts gegessen. Ich gab ihr und ihrem Säugling etwas zu essen. Dabei erzählte sie mir über ihre Familie.

Gegen Abend stattete ich dieser Familie einen Besuch ab. Ich war geschockt über die Wohnverhältnisse der sechsköpfigen Familie. Die Hütte bestand aus einem gestampften Lehmboden und einer Decke aus Kokos- und Bananenpalmblättern, durch die man in der Nacht die Sterne am Himmel sehen konnte. Die Wände bestanden aus Karton und Bambusrohr. Während der Monsunzeit dringen sicherlich Wassermassen unweigerlich ins Innere der Hütte. Es war kein einziges Möbelstück vorhanden, keine Glühbirne und kein elektrischer Strom. Es war alles dunkel. Als die Frau eine Öllampe entzündete, sah ich den kranken Vater und zwei weitere Kleinkinder in Lumpen gehüllt am Boden liegen. Betroffen und in Entsetzen stand ich in Mitten der Hütte, als auf der Türschwelle ein in Lumpen gekleidetes, kleines, barfüßiges Mädchen mit Brennholz und Trinkwasser erschien.

Die Güte und Menschenfreundlichkeit, die ich jahrelang erfahren durfte, forderten mein Inneres auf zu handeln. Mein Entschluss stand fest. Für diese Familie wollte ich ein kleines Haus bauen.

Wo aber die finanziellen Mittel hernehmen?

Ein spontaner Gedanke brachte mir die Erkenntnis, dass ich mein Primizgeld, das für ein Motorrad bestimmt war, für das Obdach dieser Familie umwidmen werde. So konnte diese Familie schlussendlich nach der Bauphase Weihnachten in ihrem neuen Haus feiern. Die Nachricht über die Errichtung dieses Hauses breitete sich wie ein Lauffeuer aus und weitere Familien, unterhalb der Armutsgrenze lebend, traten mit Bittschreiben an mich heran. Ich konnte damals mit weiteren Ersparnissen und mit Hilfe meiner heutigen Pfarre St. Konrad noch zwei weitere Häuser für obdachlose Familien errichten.

Erste Spendenaktionen

Nachdem ich als Priester nach Österreich zurückgekehrt war, erzählte ich in einer Sonntagspredigt in meiner Pfarre St. Konrad in Hohenems von dieser Begebenheit. Ein Mitarbeiter des städtischen Krankenhauses in Hohenems startete daraufhin spontan eine Spendensammelaktion um weitere Häuser zu bauen. Die Mitarbeiter des Krankenhauses verzichteten auf ihre Weihnachtsgeschenke und finanzierten ein zusätzliches Haus. Eine andere Frau spendete ein komplettes Haus, das den Namen ihres verstorbenen Mannes trägt. Ein Ehepaar verzichtete sogar auf ihre Hochzeitsreise um weitere finanzielle Mittel für den Häuserbau aufzubringen. Einige Väter und Mütter verzichteten auf Geschenke anlässlich ihrer runden Geburtstage und konnten so erhebliche Beiträge zur Häusererrichtung beitragen.

Bei Todesfällen verzichteten Angehörige und Bekannte auf Blumen am Grabe und spendeten das Geld stattdessen für den Häuserbau. Einige Familien finanzierten an Stelle ihres Sommerurlaubes mehrere Häuser für die Obdachlosen in Kerala und die Pfadfinder aus Hohenems brachten das Friedenslicht von Tür zu Tür und sammelten so die Beträge für zwei weitere Häuser. Stefan Keckeis, ein junger Mann aus unserer Pfarre, erradelte mit seinem Mountainbike in einer Benefizaktion insgesamt 5 Häuser. Das Institut St. Josef in Feldkirch, eine hauswirtschaftliche Fachschule, veranstaltete eine "indische Woche" mit Gesängen in der Fußgängerzone von Feldkirch, verkaufte anlässlich des "Tages der offenen Tür" Getränke und selbst zubereitete Speisen, organisierte ein Benefizkonzert und brachten insgesamt die Baukosten für 10 weitere Häuser zusammen.

So konnten wir für bedürftige und obdachlose Familien in Kerala dutzende Häuser bauen und vielen armen Menschen ein menschenwürdiges wohnen in sicheren Unterkünften ermöglichen.

Resonanz aus Indien

Für die obdachlosen Menschen in Indien, denen wir eine sichere Unterkunft zur Verfügung stellen konnten, begann ein neuer Lebensabschnitt und sie sahen sich zum ersten Mal in ihrem Leben mit einer stabilen Wohnsituation konfrontiert.

Einige Zeit nach Fertigstellung der ersten Häuser, erhielt ich einen Brief von einer Mutter einer mehrköpfigen obdachlosen Familie, der wir in Indien ein Haus bauen konnten. Sie schrieb mir, dass sie und ihre Familie über 17 Jahre lang in einer armseligen Hütte aus Kokos- und Bananenpalmblättern gehaust haben. Deren Wände waren wie die Wände der ersten Familie die ich besucht hatte, als ich noch Priester in Indien war, aus Kartonresten und Bambus. Sie schrieb weiters, dass sie sich kaum an den Tag erinnern kann, an dem ihre Kinder und sie einmal satt waren und keine Nacht, in der sie angstfrei geschlafen haben. Seit Jahren träumten sie von einem warmen Nest, von einem vertrauten Schlupfwinkel und von Stabilität in ihrem Leben. Dank der vielen Spenden und zahlreicher Unterstützung ist für diese Familie - und für viele andere Familien - ein Traum wahr geworden.

Eine weitere Familie hat mir folgenden Brief geschrieben:
"Lieber Pfarrer Georg, liebe gutherzige und gastfreundliche Mitchristen, durch eure Gebefreudigkeit und Hilfe ist nun unser Traum in Erfüllung gegangen. Nun haben wir ein wunderschönes Haus und einen Tisch. Durch euch haben wir die Güte und die Menschenfreundlichkeit Gottes sichtbar erfahren. Wir nennen unser Heim "Christusheim". Wir haben nicht Gold und Silber, um es euch zu vergelten, aber wir beten täglich für euch und eure Familien. Möge der gütige Gott dich, lieber Pfarrer Georg, deine Pfarre und die vielen gutherzigen Spender beschützen und begleiten. Der gütige Herr schenke euch viel Kraft und er stärke eure Rücken, damit ihr weiterhin durch eure Werke der Barmherzigkeit noch mehrere Menschen glücklich macht wie uns. Gott segne euch!"

Dach überm Kopf wird gegründet

Nach all dieser Zeit und diesen Erlebnissen war mir klar, dass ich mehr auf die Beine stellen musste, als nur lose Spenden- und Sammelaktionen. Als ich Priester und Seelsorger in Indien war und mit den armseligen Hütten und Wohnverhältnissen konfrontiert wurde, in denen meine Pfarrmitglieder in menschenunwürdigen Bedingungen lebten, konnte ich das Ausmaß noch nicht erahnen. Die Güte und die Menschenfreundlichkeit, die ich 5 Jahre lang in Österreich erlebte, forderte mich zu größerem handeln auf. Mein Entschluss stand fest. Eine Hilfsorganisation kann diesen obdach- und arbeitslosen, armen Menschen besser helfen, als nur lose Spenden- und Sammelaktionen. Der Grundsatz des persönlichen Vertrauens mit Spendengeldern musste erweitert werden und es musste eine Organisation geschaffen werden, die in Österreich juristisch abgesichert und behördlich überprüfbar ist. Ich wollte allen obdachlosen Familien ein Dach überm Kopf ermöglichen, ein kleines bescheidenes Haus, das viele Jahre dem dreimonatigen Monsumregen standhält. So gründete ich 2001 mit viel Unterstützung die Organisation Dach überm Kopf in Österreich mit dem Ziel den Häuserbau für obdachlose Menschen weiter voranzutreiben und Gutes zu bewirken.

Besuche vor Ort in Kerala

Jährlich besuche ich die neu gebauten Häuser in Indien und weihe diese zusammen mit Helfern und Unterstützern vor Ort ein. Oft begleiten mich auch Unterstützer aus Österreich und überzeugen sich selbst vom Fortschitt der Bemühungen in Kerala. Bei der Einweihung eines neuen Hauses geschah etwas Bewegendes und diesen Augenblick werde ich nie vergessen. Ein kleines Mädchen lief auf mich zu, schaute tief in meine Augen und fragte: "Bist du der liebe Gott?" Unwillkürlich flossen Tränen in meine Augen. Nein, der liebe Gott bin ich bestimmt nicht und will ich auch nicht sein. Ich bin nur ein armer, bescheidener Mensch und Priester, besser gesagt ein Bleistift in der Hand Gottes und ein Sprachrohr für die obdachlosen Armen. Der "liebe Gott", das sind die Spender und Helfer, die Großartiges geleistet haben. Durch deren Gebefreudigkeit und Unterstützung ist der Traum von tausenden Menschen in Erfüllung gegangen.

Was haben wir bis heute erreicht?

Heute, viele Jahre nach Gründung der Organisation Dach überm Kopf, konnten wir zahlreiche Häuser bauen und für tausende von obdachlosen Menschen ein Zuhause schaffen. Allerdings blieb unser Einsatz nicht auf den Häuserbau für obdachlose Familien beschränkt. Zusätzlich unterstützten wir bis 2021 Waisenheime und konnten so viele Waisenkinder, die auf den Straßen Indiens gelebt haben, in einem neuen Zuhause unterbringen. Die Waisenkinder erhielten neben ihrer Unterkunft auch Nahrung und weitere Grundbedürnisse gedeckt, allem voran aber eine Ausbildung die ihnen eine Zukunft oberhalb der Armutsgrenze ermöglichte. Seit 2021 fokussieren wir unsere gesamte Hilfe auf den Häuserbau sowie verschiedene Schul- und Frauenprojekte.

Es ist mir eine große Freude, jedes Jahr nach Hause fliegen zu können, um neu gebaute Häuser einzuweihen und die Fortschritte unserer Organisation mit eigenen Augen zu sehen. Mir ist aber auch bewusst, dass unsere bisherigen Leistungen und Errungenschaften, ein Tropfen auf dem heißen Stein sind. Immerhin leben in Indien Millionen von Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen. Sie alle suchen einen vertrauten Schlupfwinkel, ein warmes Nest, ein Dach überm Kopf. Es gibt in meiner Heimat Indien noch sehr viele Menschen, die dringend eine Herberge suchen, um menschenwürdig leben zu können.

Und so setzen wir unermüdlich unsere sehr erfolgreiche Arbeit fort und denken nicht ans Aufhören bevor wir nicht unsere Ziele erreicht und unsere Vision verwirklicht haben.

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